Grrr. Du kennst es sicherlich: geplant war die entspannte morgendliche Runde. Du machst deinen Hund von der Leine. Nach kurzer Zeit rufst du ihn und… er schaut dich an und rennt in die andere Richtung. Oder du erwischt ihn, wie er gerade frische Pferdeäpfel schmaust, du rufst das Abbruchsignal und… er schluckt noch schnell alles runter, bevor er schnauzeschleckend um dich herumspringt.

Es gibt Situationen, die uns Hundehalter:innen zur Weißglut treiben. Unser erster Impuls: stampfen, schnauzen, schimpfen.

Warum das aber im Hundetraining kontraproduktiv ist, wie du stattdessen reagieren und wie du dauerhaft besser mit deinen Emotionen beim Gassigehen umgehen kannst, erfährst du in diesem Artikel!

Wut - der krasseste Ausbruch unserer Bedürfnisse

Bevor wir weiter auf unsere Gassirunde und den Rückruf eingehen, lass uns kurz darüber sprechen, was Wut eigentlich ist. 

Meistens spüren wir sie sehr körperlich. Unsere Hände ballen sich zu Fäusten, unser Kiefer ist angespannt und wir beißen vielleicht die Zähne aufeinander. Unsere Lippen pressen sich zusammen und unser Gesicht liegt in tausend Falten. In uns rumort es, gerade so, als müsse ein Vulkan explodieren. Das ist die intensivste Empfindung über Wut.

Wusstest du, dass hinter all unseren Emotionen bestimmte Bedürfnisse liegen?

Bedürfnisse kommunizieren über Emotionen und die wiederum kommunizieren über Körpersignale. Indem wir dem roten Faden rückwärts folgen, kannst du herausfinden, was eigentlich dein Bedürfnis war oder ist, schauen, ob es überhaupt von deinem Hund erfüllt werden kann und entsprechend dein Training anpassen.

Ich gebe dir einmal ein ganz bildhaftes Beispiel aus meinem aktuellen Leben:

Ein Wasserschaden hat sich in unserem Haus über 3 Etagen ausgebreitet. Der Schaden ist massiv, wir müssen vielleicht ausziehen, weil im schlimmsten Falle das Haus abgerissen wird. Uff. Ich warte immer wieder auf Anrufe vom Gutachter, Handwerker, Bauleiter, Vermieter, Hausmeister. Es ist ein ständiges Warten und Reagieren. Wirklich aktive Agieren ist für mich nicht möglich. Es gibt keinen Plan, keine Kontrolle. Und genau diesen Kontrollverlust merke ich. Heute Morgen ging ich mit unseren Hunden raus und merkte: meine Lunte ist kurz! Hummel und Blume, unser Shih Tzu und Chihuahua, lassen sich Zeit beim Rückruf, gehen nochmal auf Heuschreckenjagd im hohen Gras und ich könnte eskalieren. Nicht mal meinen Hund habe ich unter Kontrolle! Ich leine sie an, denn ich merke, dass ich keine Kapazität dafür habe und mir wird bewusst, dass die beiden nichts anders gemacht haben als an anderen Tagen. Im Sommer dürfen sie Heuschrecken jagen, sich tummeln und unser Rückruf ist ohnehin ausbaufähig. Es hatte also nichts mit mir zu tun an diesem Tag. Sondern mit meinem gesteigerten Bedürfnis nach Kontrolle.

Kontrolle ist sehr häufig ein Bedürfnis, das hinter unseren Handlungen liegt. Lass uns kurz festhalten: Das ist kein negatives Bedürfnis! Sondern erstmal einfach ein Bedürfnis.

Andere Bedürfnisse können sein: Verbindung, Zugehörigkeit, Sicherheit. Wenn wir uns zu unserem Hund verbunden oder zugehörig fühlen wollen, aber merken, dass der grad aus Mäuschensuche ist, kann uns das verletzen und wir reagieren mit Enttäuschung und Wut. Wenn wir das Bedürfnis nach Sicherheit haben, können wir aus Angst reagieren. 

Was ist dein Bedürfnis?

Nimm dir einen Moment Zeit, einmal für dich herauszufinden und aufzuschreiben: Welche Bedürfnisse soll mein Hund für mich erfüllen? Welche Bedürfnisse habe ich, wenn ich mit ihm rausgehe?

Und welche Bedürfnisse hat mein Hund? Kann er sie erfüllen? Wann kommt es zu einem Bedürfniskonflikt?

Indem du diese Punkte für dich einmal aufschreibst, erhältst du mehr Klarheit. Du stellst beispielsweise fest, dass du öfter alleine spazieren gehen solltest, weil dein Bedürfnis Ruhe ist, wenn du aber mit Hund unterwegs bist, musst du deine Aufmerksamkeit teilen.

Wenn du merkst, dass dir die Kontrolle entglitten ist, prüfe, wie gut eure Signale funktionieren und hole dir gegebenenfalls professionelle Hilfe (LINK).

Auf diese Weise entlässt du deinen Hund aus dem Druck, deine Bedürfnisse zu erfüllen und kannst eine Bindung aufbauen, die auf Augenhöhe und aufrichtig ist.
(Das funktioniert übrigens auch mit Menschen 😉 )

SOS Wut Hilfe

Du schaust deinem Hund hinterher, wie er fröhlich den Rehkackihaufen frisst? Du merkst, wie die Wut in dir hochkocht?

Hier kommt mein persönlicher SOS Tipp:

  1. werde dir bewusst, dass du wütend bist! 
  2. schnaufe, grolle, knurre, BEVOR du zu deinem Hund gehst. Trample auf den Boden, wenn du merkst, dass du dir körperlich Luft machen musst. Gehe erst dann zu deinem Hund und sichere ihn mit der Leine.
  3. bleibe stehen. Schließe die Augen und werde dir bewusst, dass du grad ein Bedürfnis hattest, das nicht erfüllt wurde. Fertig. Ab jetzt habt ihr wieder eine neue Chance, die Situation ist vorbei. Atme tief durch.

Wut ist nicht berechenbar und für deinen Hund ist es enorm wichtig, dass du berechenbar bist! Wenn du mal entspannt darauf reagierst, dass er Mäuschen sucht, weil du grad entspannt bist und Zeit hast, an einem anderen Tag aber auf die Palme gehst, weil du schnell nachhause willst und überhaupt grad keinen Nerv dazu hast, kennt dein Hund seinen Rahmen nicht.

Das bedeutet übrigens nicht, dass du deinen Hund nicht auch abstrafen kannst oder sollst. Aber eine Standpauke, eventuell sogar handgreiflich werdend, mit einer bedrohlichen Körperhaltung, kann im schlimmsten Fall eher dafür sorgen, dass dein Hund wegrennt, wenn er sieht, dass du auf ihn zukommst. 

Entspannt die Gassirunde starten

Noch bevor du überhaupt losgehst, kannst du die Energie der Gassirunde beeinflussen. Halte inne und werde dir bewusst, warum du rausgehst. Was ist dein Ziel? Deine Motivation? Welche Bedürfnisse deines Hundes sollen erfüllt werden? Welche Bedürfnisse hast du? Können sie zeitgleich bestehen?

Nimm dir vor, gelassen zu bleiben. Dein Hund ist kein A*schloch, das dich einfach nur provozieren will (okay, ein Pubertier will Grenzen testen; aber darauf gehen wir in einem anderen Artikel ein. Denn: Grenzen schaffen Bindung!), sondern findet vielleicht das Mauseloch super interessant oder hat gelernt, dass er die Situation mit anderen Hunden klären muss. Denn der nächste Schritt ist es, die Motivation und das Bedürfnis deines Hundes hinter seinen Handlungen herauszufinden!

Pawtner:innen-Coaching

Aber was sind denn eigentlich deine Bedürfnisse? Und wie können wir unseren Alltag so gestalten, dass wir genügend Kapazitäten haben, die unseres Hundes zu erfüllen?

Mach dir einmal bewusst, dass du 50% der Bindung zu deinem Hund ausmachst. Das bedeutet, dass dir das beste Training und die effektivsten Methoden langfristig wenig bringen, wenn du deine eigenen Themen vernachlässigst. Sei es Unordnung im Kopf, in den Bedürfnissen oder im Leben oder immer wiederkehrende blockierende Gedanken (wir kennen sie alle!), die dich daran hindern, innerlich souverän und selbstbewusst zu werden.

Baue ein stabiles Bindungs-Fundament auf und schaffe so die Grundlage für eine harmonische Hund-Mensch-Bindung. Werde ein:e Pawtner:in für deinen Hund!

Mögliche Themen des Pawtner:innen-Coachings können sein:

  • du gerätst in eine Abwärtsspirale, weil das Thema deines Hundes bei dir Scham, Angst, Wut und andere belastende Emotionen auslöst?
  • du traust dich nicht, dich selbstbewusst gegenüber anderen abzugrenzen und schaffst es deswegen auch nicht, deinen Hund vor anderen zu schützen?
  • du weißt grad gar nicht, wo du anfangen sollst, weil auch dein Leben irgendwie Kopf steht und du nicht weißt, was du wirklich brauchst?

Klicke HIER und lies dir mehr zur Pawtner:innen Coaching für dich durch.

08/23/2023 | Alltag mit Hund | 0 Comments